Zum 01.03.2024 treten folgende Änderungen im Aufenthaltsrecht in Kraft:
- Anerkennung einer ausländischen Berufsqualifikation
Die Möglichkeiten zum Aufenthalt für die Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen in Deutschland werden ausgebaut. Die bisherige 18-monatige Aufenthaltserlaubnis zur Durchführung von Anpassungsmaßnahmen (§16 d Abs. 1 AufenthG) wird nun bei der Ersterteilung für 24 Monate ausgestellt. Eine Verlängerung um weitere 12 Monate bis zu einer Höchstaufenthaltsdauer von drei Jahren ist möglich. Dadurch erhalten Arbeitgeber mehr Flexibilität. Die Nebenbeschäftigung während der Qualifizierungsmaßnahme wird von 10 auf 20 Stunden in der Woche erhöht. Angehenden Fachkräften wird somit ermöglicht, den Weg in den Arbeitsmarkt leichter zu beschreiten. Die Durchführung von Qualifizierungsmaßnahmen in Deutschland zielt darauf ab, die volle Gleichwertigkeit der ausländischen Berufsqualifikationen zu erlangen.
- Beschäftigung von Fach- und Arbeitskräften
Die Beschäftigung von Personen mit ausgeprägter berufspraktischer Erfahrung wird erweitert. Die neue Regelung gilt nun für alle nicht-reglementierten Berufe in allen Branchen. Die Anforderung an Personen mit berufspraktischer Erfahrung ist, dass sie einen Berufs- oder Hochschulabschluss, der vom jeweiligen Ausbildungsstaat anerkannt ist, vorweisen können. Im Falle eines Berufsabschlusses ist eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren erforderlich. Alternativ zu einem staatlich anerkannten Abschluss ist unter bestimmten Voraussetzungen ein Abschluss einer deutschen Auslandshandelskammer ausreichend. Zudem sind mindestens zwei Jahre Erfahrung im angestrebten Beruf vorausgesetzt. Die formale Anerkennung des Abschlusses in Deutschland ist nicht erforderlich. Für IT-Spezialistinnen und -Spezialisten wird der Arbeitsmarktzugang zusätzlich erleichtert: Die notwendige einschlägige Berufserfahrung wird auf zwei Jahre reduziert (vorher drei Jahre). Ein Berufs- oder Hochschulabschluss ist weiterhin nicht erforderlich. Sprachkenntnisse müssen für das Visum nicht mehr nachgewiesen werden. Mit den geplanten Neuerungen wird der Arbeitsmarktzugang für Pflegekräfte um eine Regelung für Pflegehilfskräfte aus Drittstaaten ergänzt. Alle Personen aus Drittstaaten mit einer Pflegeausbildung unterhalb der dreijährigen geregelten Fachkräfteausbildung können im Gesundheits- und Pflegebereich beschäftigt werden. Voraussetzung ist, dass diese Personen eine entsprechende deutsche Berufsausbildung im Pflegebereich oder eine ausländische Pflegequalifikation, die in Deutschland anerkannt wurde, nachweisen können. Pflegeassistentinnen und -assistenten sowie Pflegehelferinnen und -helfer aus Drittstaaten, die ihre Ausbildung in Deutschland absolviert haben, sollen künftig einen Aufenthaltstitel zur Arbeitsplatzsuche beantragen können. Die Aufenthaltserlaubnis wird für bis zu zwölf Monate erteilt und kann, wenn der Lebensunterhalt weiter gesichert ist, um bis zu sechs Monate verlängert werden. Ausländische Fachkräfte, die eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18a, § 18b, § 18d oder §18g AufenthG besitzen und weder eine inländische Berufsausbildung noch ein Studium in Deutschland absolviert haben, erhalten bereits nach drei Jahren (vorher vier Jahre) die Niederlassungserlaubnis in Deutschland. Darüber hinaus erhalten Inhaberinnen und Inhaber einer Blauen Karte EU noch schneller eine Niederlassungserlaubnis: Nach 27 Monaten in Beschäftigung mit einer Blauen Karte EU ist ihre Erteilung möglich, bei ausreichenden Deutschkenntnissen (Niveau B1 GER) sind es sogar 21 Monate. Für Absolventinnen und Absolventen eines Studiums oder einer Berufsausbildung in Deutschland bleibt die aktuelle Sonderbestimmung zur Niederlassungserlaubnis bestehen: Bereits nach zwei Jahren im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung als „Fachkraft“ (Aufenthaltstitel nach §§ 18a, 18b oder 18d AufenthG), kann ihnen eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden. Wenn Ehegattinnen oder Ehegatten oder minderjährige Kinder zu bestimmten Fachkräften nach Deutschland ziehen, wird künftig auf den Nachweis ausreichenden Wohnraums verzichtet. Zudem können solche Fachkräfte auch ihre Eltern und – wenn die Ehegattin oder der Ehegatte auch dauerhaft im Bundesgebiet ansässig sind – Schwiegereltern zu sich holen, wenn sie ihre Aufenthaltserlaubnis erstmals am oder nach dem 1. März 2024 erhalten (tritt beides am 31.12.2028 außer Kraft). Zur Gründung eines Unternehmens können Fachkräfte im Sinne des § 18 Abs. 3 AufenthG künftig eine Aufenthaltserlaubnis für bis zu 18 Monate erhalten, wenn ihnen zu diesem Zweck ein Stipendium einer deutschen Wissenschaftsorganisation oder öffentlichen Stelle gewährt wird. - Beschäftigung von Studierenden und Auszubildenden
Für Drittstaatsangehörige, die in Deutschland mit einem Studentenvisum studieren, werden die Möglichkeiten zur Nebenbeschäftigung erweitert. Das bisherige Jahresarbeitszeitkonto von 120 ganzen bzw. 240 halben Tagen wird auf 140 volle oder 280 halbe Arbeitstage angehoben. Die Neuregelung ermöglicht es alternativ, Werkstudentenjobs bis zu 20 Stunden in der Woche auszuüben. Die Höhe des Gehalts und der Gegenstand der Beschäftigung spielen dabei keine Rolle. Die Nebenbeschäftigung ist künftig auch beim Besuch von studienvorbereitenden Maßnahmen von Beginn an möglich. Die Einreise sowie der Aufenthalt zum Zweck der Studienbewerbung an deutschen Hochschulen bleibt weiterhin für Drittstaatsangehörige möglich. Neu ist, dass die Ausübung einer Nebenbeschäftigung während der Studienplatzsuche im Umfang von 20 Stunden in der Woche ermöglicht wird. Auch zum Zweck der Ausbildungsplatzsuche können Drittstaatsangehörige weiterhin einreisen. Die Altersgrenze für potenzielle Bewerberinnen und Bewerber wird von 25 auf 35 Jahre angehoben, die Anforderungen an deutsche Sprachkenntnisse werden auf Niveau B1 (GER) abgesenkt. Damit wird der Aufenthalt zur Ausbildungsplatzsuche einem größeren Personenkreis von Drittstaatsangehörigen eröffnet. Die bisherige Höchstaufenthaltsdauer von sechs Monaten wird auf neun Monate erhöht. Darüber hinaus können Personen mit diesem Aufenthaltstitel eine Nebenbeschäftigung im Umfang von 20 Stunden in der Woche sowie Probebeschäftigungen von bis zu zwei Wochen ausüben. Künftig werden bei allen Berufsausbildungen Nebenbeschäftigungen von bis zu 20 Stunden pro Woche möglich sein. - Kurzzeitige kontingentierte Beschäftigung: § 19c Abs. 1 AufenthG iVm § 15d BeschV neu
Mit den Verordnungsänderungen wird eine neue Möglichkeit für die kurzzeitige Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen eingeführt, unabhängig von ihrer Qualifikation. Sobald die Bundesagentur für Arbeit (BA) ein bedarfsorientiertes Kontingent – möglich ist das auch differenziert für bestimmte Wirtschaftszweige oder Berufsgruppen – festlegt, können interessierte Arbeitgeber eine Arbeitserlaubnis oder eine Zustimmung zu einem Aufenthaltstitel für Arbeitskräfte aus dem Ausland beantragen. Diese wird erteilt, wenn:- Der Arbeitgeber tarifgebunden ist und die Arbeitskräfte nach den geltenden tariflichen Arbeitsbedingungen beschäftigt sind,
- der Arbeitgeber sich dazu verpflichtet, die erforderlichen Reisekosten vollständig zu übernehmen,
- die geplante Beschäftigung acht Monate innerhalb von 12 Monaten nicht überschreitet und
- die wöchentliche Arbeitszeit mindestens 30 Stunden beträgt.
- „Spurwechsel“ möglich (neuer § 16g AufenthG)
- „3-Säulen-Modell“
Neu ist, dass auch Personen ohne förmliches Anerkennungsverfahren in Deutschland als Fachkraft arbeiten dürfen. Für die sog. Erfahrungssäule gilt folgendes: Vorausgesetzt wird eine im Herkunftsland staatlich anerkannte mind. 2-jährige Berufsqualifikation bzw. ein Hochschulabschluss, Verzicht auf Anerkennung in Deutschland bei nicht-reglementierten Berufen, berufserfahrene IKT-Spezialisten müssen nur die Berufserfahrung, aber keinen Abschluss nachweisen, Mindestgehalt von 40.770 Euro (45 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allg. Rentenversicherung, 2024) – bei tarifgebundenen Unternehmen darf im Rahmen des Tarifvertrags nach unten abgewichen werden, Tätigkeit in einem in Bezug auf die Berufserfahrung verwandten Beruf, vorliegendes/r Arbeitsangebot/-vertrag. In die Erfahrungssäule wurde daneben die so genannte Anerkennungspartnerschaft aufgenommen: Das Anerkennungsverfahren kann in Deutschland durchgeführt werden, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich verpflichten, es unverzüglich nach der Einreise zu starten und eine ggf. erforderliche Anpassungsqualifizierung durchzuführen. Währenddessen kann der Arbeitnehmer dort eine qualifizierte Beschäftigung ausüben. Auch für die Anerkennungspartnerschaft müssen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bestimmte Voraussetzungen erfüllen. - Neue Mitteilungs- und Auskunftsplicht des Arbeitgebers: § 39 Abs. 4 S.2 AufenthG gegenüber BA (bußgeldbewehrt bis 30.000 €)
- Neue zusätzliche allgemeine Erteilungsvoraussetzungen für alle Aufenthaltstitel zum Zweck der Beschäftigung gem. § 18 Abs. 2 AufenthG
- Neuer § 39 Abs. 2a AufenthG: Globalzustimmung der Bundesagentur für Arbeit
BA kann Globalzustimmung erklären, wenn sie für einzelne Berufe oder Beschäftigungen feststellt, dass Besetzung offener Stellen für befrist. Zeitraum arbeitsmarkt- und integrationspolitisch verantwortbar ist, Arbeitsbedingungen müssen durch Tarifvertrag oder durch BA festgelegt sein und ArbG muss Einhaltung der Arbeitsbedingungen zusichern. - Neuer § 36 Abs. 4 BeschV: Neue Sanktionen bei Arbeitgeberverstößen
- Neue Arbeitnehmerrecht in § 98a Abs. 2a AufenthG: eigenständig einklagbarer Anspruch auf Gewährung der durch BA zugestimmten Arbeitsbedingungen
- 19c Abs. 2 AufenthG iVm § 6 BeschV: Beschäftigung mit ausgeprägten berufspraktischen Kenntnissen
Bisher ist § 6 BeschV auf IT-Spezialisten beschränkt. Jetzt vollständige Öffnung der möglichen Berufe